Jedes Land hat seine eigenen Gesetze und Bestimmungen in Bezug auf das Erbrecht. Ergeben sich jedoch Fälle, in denen der Erblasser, sein Nachlass und die Erben nicht nach der Rechtsordnung eines einzelnen Landes beurteilt werden können, greifen die Regelungen des Internationalen Privatrechts und des Internationalen Erbrechts der betreffenden Länder. Was es im Detail damit auf sich hat und was es dabei zu beachten gibt, erfahren Sie hier.
1. Wann wird das Internationale Erbrecht angewendet?
Bevor die Bestimmungen des Internationalen Erbrechts greifen können, muss zunächst einmal die Frage geklärt werden, ob es überhaupt angewendet werden soll. In folgenden Situationen kann das IPR für Deutsche eine Rolle spielen:
- der Erblasser ist kein deutscher Staatbürger
- der Erblasser hat zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz im Ausland
- in Testament des Erblassers finden sich Vermögenswerte wie etwa Immobilien oder andere Besitztümer, die sich außerhalb von Deutschland befinden
- einer der Erben besitzt nicht die deutsche Staatsbürgerschaft oder hat seinen Wohnsitz im Ausland
- das Testament wurde im Ausland aufgestellt
Am Entscheidendsten ist hierbei die Frage nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Diese Information sollte also zuerst von der zuständigen Behörde oder dem mit dem Fall betrauten Anwalt geklärt werden. Auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel im Familienrecht oder im Sachenrecht können diese Dinge eine Rolle spielen.
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2. Relevante Rechtsquellen
Folgende Rechtsquellen sind im Zusammenhang mit dem Internationalen Erbrecht zu beachten:
- Art. 3 bis Art. 6, Art. 25 und Art. 26 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches (EGBGB)
- abgeschlossene Staatsverträge
- abgeschlossene internationale Abkommen
- das deutsche materielle Erbrecht
- das materielle Erbrecht des jeweiligen Landes
- alle Normen des IPR des jeweiligen Landes
In Deutschland werden die von Deutschland abgeschlossenen Staatsverträge und Abkommen vorrangig behandelt. Darauf weist auch Art. 3 Abs. 2 des EGBGB hin. Relevante Staatsverträge gibt es jedoch nur mit den Ländern Türkei, Iran und der ehemaligen Sowjetunion. Der Staatsvertrag mit der Türkei spielt in der Praxis die größte Rolle.
Darüber hinaus gibt es einige Abkommen, die zwar abgeschlossen wurden, aber noch nicht in Kraft gesetzt worden sind. Aus diesem Grund werden sie im geltenden deutschen Erbrecht (noch) nicht beachtet.
In der Vergangenheit hatte auch das Haager Testamentsformübereinkommen, das 1961 beschlossen wurde, eine große praktische Relevanz. Mittlerweile wurde es jedoch in die EGBGB weitestgehend wortgetreu übernommen, sodass es nur noch aus der Sicht eines anderen Landes wichtig bleibt.
Zu beachten ist außerdem, dass immer die Normen berücksichtigt werden müssen, die zum genauen Zeitpunkt der Testamentserrichtung beziehungsweise des Erbfalls gültig gewesen sind. Später geänderte Normen spielen werden für die konkrete Erbsache nicht beachtet.
3. Die wichtigsten Begriffe
Im IPR der Bundesrepublik Deutschland kommt eine Reihe an Begrifflichkeiten vor, deren genaue Bedeutung für einen Nichtjuristen Fragen aufwerfen dürften. Damit Sie verstehen, worum es sich bei den wichtigsten Begriffen handelt, haben wir sie hier einmal für Sie erklärt:
Kollisionsnormen und Sachnormen:
Als Kollisionsnorm werden im IPR alle Vorschriften genannt, die auf die Rechtsordnung verweisen. Im Gegensatz dazu werden alle Vorschriften, die konkrete Fragen innerhalb der Rechtsordnung behandeln, als Sachnormen bezeichnet. Eine Sachnorm wäre zum Beispiel die Frage danach, wer letztendlich der Erbe eines Erblassers wird. Außerdem kommt es vor, dass sich eine Kollisionsnorm innerhalb einer Zuständigkeitsregelung „versteckt“.
Statute:
In einem konkreten Fall des Internationalen Rechts werden verschiedene Rechtsnormen benötigt. Diese bezeichnet man in ihrer relevanten Gesamtheit als Statut. Wenn es nur eine einzige Rechtsordnung gibt, der die verschiedenen Rechtsverhältnisse unterstellt sind, liegt ein sogenanntes Gesamtstatut vor. In den meisten erbrechtlichen Fällen verhält es sich jedoch so, dass eher Einzelstatute vorliegen. Neben dem Erbstatut spielt außerdem oft auch das Güterrechtsstatut eine wichtige Rolle. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es sich um einen verheirateten oder ein in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft befindlichen Erblasser handelt. Werden bestimmte Vermächtnisse wie etwa Immobilien vererbt, kann es ebenfalls passieren, dass weitere Einzelstatute maßgeblich werden.
Gesamtverweisungen:
Wenn in einem Fall die Kollisionsnormen auf die gesamte ausländische Rechtsordnung verweisen, dann nennt man diesen Hergang Gesamtverweisung (frz. „renvoi“). Kommt es dazu, dann zählen nicht nur die Kollisionsnormen des eigenen Landes, sondern auch die des betreffenden Auslands. Das nichtdeutsche IPR kann darüber hinaus auch auf die deutsche Rechtsordnung zurückverweisen oder auf ein drittes Land weiterverweisen. Dieses Recht ist auch im IPR für Deutsche vorgesehen. Ebenso können partielle Rückverweisungen vorgenommen werden. Eine Rückverweisung wird auch „renvoi au premier degré“ genannt, eine Weiterverweisung bezeichnet man als „renvoi au second degré“.
Weiterhin gibt es Staaten, wie zum Beispiel Dänemark, Schweden oder Griechenland, die vom Recht der Verweisung keinen Gebrauch machen, weil sie sie für ungeeignet für eine internationale Einigung halten.
Sachnormverweisungen:
Bei einer Sachnormverweisung wird direkt auf eine Sachnorm einer fremden Rechtsordnung verwiesen. Enthält das IPR eines anderen Landes eine Sachnormverweisung, dann wird nur auf das materielle Recht verwiesen. Das Kollisionsrecht des Auslands wird in so einem Fall ausgeschlossen, es sei denn, dieses wird vom Gesetz ausdrücklich verlangt oder der Ausschluss würde ansonsten zu einem Widerspruch mit dem Sinn der Verweisung führen.
Vorfragen:
Als eine Vorfrage bezeichnet man Rechtsverhältnisse, die zu klären sind, bevor eine Beurteilung eines Falls stattfinden kann. Beispielsweise besteht zunächst Uneinigkeit darüber, ob eine Ehe oder ein anderer Vertrag besteht oder nicht, da es in unterschiedlichen Ländern dahingehend teils unterschiedliche Normen gibt. In den meisten Fällen wird das deutsche IPR für die Beantwortung von Vorfragen verwendet, es gibt jedoch auch Ausnahmen.
Qualifikation:
Eine Qualifikation beschreibt die Einordmung eines Sachverhalts in ein Rechtsgebiet, wie zum Beispiel dem Erbrecht. So muss in manchen Fällen geklärt werden, ob ein Sachverhalt beispielsweise erbrechtlich oder güterrechtlich zu qualifizieren ist, was zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen würde.
Relevant wird die Qualifikation auch im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Testamenten, die in vielen europäischen Ländern verboten sind. Geklärt werden muss hier, ob es sich bei diesem Verbot lediglich um ein Formverbot handelt oder etwa um ein materielles Verbot. Letzteres könnte in der Konsequenz bedeuten, dass das Testament unwirksam wird, während ein Formverbot die Wirksamkeit erhalten würde.
Ordre public:
Der Ordre public ist eine Vorbehaltsklausel, die in Art. 6 des EGBGB gesetzlich geregelt ist. Sie beschreibt eine der Korrekturmöglichkeiten, die eingesetzt werden können, wenn eine Norm eines nichtdeutschen Staates erheblich mit den Grundsätzen des deutschen Rechtssystems kollidiert. Oft geht es dabei um eine Rechtsnorm, die im Widerspruch mit den deutschen Grundrechten steht. Hier sind ein paar Beispiele:
- Benachteiligung aufgrund von Geschlecht oder Religion
- Verpflichtung zur Abtreibung
- Scheidungsverbot, Unauflöslichkeit der Ehe
- Scheidungsstrafen
- Mehrehe
- Unterschiede bei Verjährungsfristen verschiedener Länder
Kann eine entsprechende ausländische Rechtsnorm aufgrund eines solchen Widerspruchs mit dem deutschen Recht nicht angewendet werden, gibt es für einen Richter mehrere Möglichkeiten, den Sachverhalt zu klären (sogenannte Angleichung oder Anpassung des Rechts):
- Ersetzung der Norm durch eine deutsche Norm
- Anwendung einer vergleichbaren Regelung nach ausländischem Recht
- Erschaffung einer neuen Norm, die an der Grenze des Erlaubten liegt
4. Internationales Erbrecht für Deutsche
Wie bereits weiter oben im Artikel geklärt, kann es verschiedene Situationen geben, in denen das IPR für Deutsche greift. Wie es sich in den einzelnen Situationen konkret verhält, erfahren Sie in den folgenden Absätzen.
4.1 Der Erblasser ist Ausländer
Besitzt ein Erblasser eine andere als die deutsche Staatsbürgerschaft oder ist staatenlos, sieht das EGBGB folgende Regelungen vor:
Art. 25 Abs. 1: Der Erblasser besitzt neben der deutschen Staatsbürgerschaft noch mindestens eine andere Staatsbürgerschaft.
In diesem Fall hat die deutsche Staatsbürgerschaft Vorrang.
Art. 5 Abs. 1 S.2 : Der Erblasser besitzt keine Staatsbürgerschaft.
Bei staatenlosen Erblassern zählt der letzte Wohnsitz beziehungsweise der letzte Aufenthaltsort vor dem eingetroffenen Tod.
Art 5 Abs. 2 : Der Erblasser ist asylberechtigt.
- 2 des Asylverfahrensgesetzes sieht vor, an den letzten Aufenthaltsort des Erblassers anzuknüpfen.
Art 4: Verweisung auf einen anderen Staat.
Wird festgestellt, dass auf ein ausländisches Recht verwiesen werden muss, so ist neben dem IPR für Deutsche auch das Internationale Privatrecht des jeweiligen Landes anzuwenden. Oft kommt es dabei zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht, die generell angenommen wird.
Praktisches Beispiel:
Ein Erbe besitzt die italienische Staatsbürgerschaft, lebt jedoch in Deutschland. In diesem Fall wird er nach deutschem Kollisionsrecht und nach italienischem Erbrecht beerbt. Jedoch verweist das deutsche Recht hier zusätzlich auf das IPR von Italien im Rahmen einer Gesamtverweisung. Das italienische IPR richtet sich genauso wie das IPR für Deutsche nach der Staatsbürgerschaft einer Person. In der Konsequenz wird der Fall also nach dem IPR der italienischen Rechtsordnung behandelt.
Darüber hinaus ist es auch möglich, dass eine Rückverweisung einen Nachlass nur partiell erfasst wird, wodurch der Nachlass letztendlich gespalten wird. Dies ist oft der Fall, wenn ein Grundstück vererbt wird, das sich im Ausland befindet. Nach dem Belegenheitsprinzip (auch „lex rei sitae“ genannt)ist ein Grundstück in diesem Fall nach der Rechtsordnung des Landes zu behandelt, auf dessen Grund und Boden es sich befindet. Jedes Land hat dahingehend jedoch unterschiedliche Gesetze. Das deutsche IPR regelt das „lex rei sitae“ in Art 43 des EGBGB. Bei einer Spaltung des Nachlasses wird der jeweilige Nachlassteil, der sich auf ausländischem Boden befindet, dann als Gesamtnachlass behandelt.
Praktisches Beispiel:
Ein Franzose mit Immobilen in Frankreich lebt zum Zeitpunkt seines Todes in Deutschland, wo er ein Konto und ein Grundstück besitzt. Zunächst verweist hier das IPR von Deutschland auf die französische Rechtsordnung, da der Mann die französische Staatsbürgerschaft besitzt. Nach französischem Recht werden nur die Immobilen auf französischem Grund auch nach französischem Recht beurteilt (siehe Belegenheitsprinzip – „lex rei sitae“). Das Grundstück in Deutschland, sowie das gesamte bewegliche Vermögen wird demnach wieder nach deutschem Recht vererbt, sodass eine Rückverweisung auf das deutsche Rechtssystem stattfindet, welche auch angenommen wird. Für die Immobilien in Frankreich findet also eine Nachlassspaltung statt.
Kommt es zu Sachverhalten, die das Pflichtteilsrecht betreffen, kann eine Nachlassspaltung mitunter zu Problemen führen. Das rührt daher, dass es Länder gibt, die zwar das „lex rei sitae“ im Gesetz stehen haben, nicht aber das Pflichtteilsrecht. Das betrifft zum Beispiel Großbritannien, sowie einige Staaten der USA. So kann es in England etwa dazu kommen, dass dort Vermögen liegt, für das jedoch keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden können. Hierbei muss geklärt werden, ob dieser Sachverhalt nicht gegen den „ordre public“ der deutschen Rechtsordnung verstößt. Länder wie zum Beispiel Österreich, Polen oder Schweden sehen ein Pflichtteilsrecht jedoch vor, sodass hier das „lex rei sitae“ keine derartigen Probleme aufwirft. Unter Umständen können Pflichtteilsansprüche auch gekürzt oder auf Null geführt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es aufgrund solcher internationalen Unstimmigkeiten zu einer Verfälschung des Willens des Erblassers kommt.
In besonderen Fällen kann ein Erblasser auch eine Rechtswahl vornehmen, die natürlich nach seinem Erbstatut Zulässigkeit haben muss. Befindet sich das zu vererbende Vermögen innerhalb Deutschlands, kann ein Erblasser mithilfe einer letztwilligen Verfügung wählen, dass dieses nach deutschem Recht behandelt wird. Auf diese Weise ist es zum Beispiel möglich, dass ein ausländisches Ehepaar auch dann über ein deutsches Grundvermögen verfügen, wenn ihr Heimatland gar keine gemeinschaftlichen Testamente vorsieht. Das betrifft unter anderem die Länder Spanien oder Italien. Entscheidend dafür ist eine gleichzeitige Rechtswahl beider Parteien bei Bestehen der Bindungswirkungen nach deutscher Rechtsordnung.
Verschiedene fremde Rechtsordnungen sehen es vor, Erb- und Güterrecht aufeinander abzustimmen. Da jedoch einige Länder im Erbrecht vorrangig güterrechtlich beurteilen, kann diese Diskrepanz zu rechtlichen Lücken führen. Diese Fälle werden in der Regel so gehandhabt, dass eine kollisionsrechtliche Anpassung oder Angleichung durchgeführt wird, welche je nach Einzelfall entschieden wird. Ziel ist es, die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen und eine Lösung zu finden, mit der keine Partei zu sehr vernachlässigt wird. Ein Streitpunkt ist noch die Erbteilerhöhung, die in § 1371 Abs. 1 des BGB geregelt wird. Die hinreichende Meinung sieht jedoch vor, dass hier güterrechtlich entschieden werden muss.
4.2 Der Erblasser hat seinen Wohnsitz im Ausland
Nicht nur wenn der Erblasser eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzt, ist sein letzter Wohnsitz von Relevanz. Ebenso spielt er eine Rolle, wenn der Erblasser Deutscher, sein letzter Wohnsitz aber im Ausland ist. In diesem Zusammenhang kann das Wohnsitzprinzip geltend gemacht werden, welches sich jedoch von Land zu Land unterscheidet. In manchen Staaten gilt das Wohnsitzprinzip beispielsweise für das gesamte Vermögen, in anderen Ländern jedoch nur für das bewegliche Vermögen. Weiterhin zählen einige Ländern Unternehmensbeteiligungen zum beweglichen Vermögen dazu und andere wiederum nicht.
Außerdem ist zu beachten, dass es Unterschiede hinsichtlich der Definition eines Wohnsitzes oder eines Aufenthaltsortes gibt. In Frankreich oder Belgien zu Beispiel bildet ein Wohnsitz den Mittelpunkt der persönlichen und vermögensrechtlichen Interessen. In der Schweiz wiederum ist der Raum, in dem sich die Lebensbeziehungen eines Menschen hauptsächlich abspielen, der Wohnsitz dieses Menschen. In Dänemark ist der Wohnsitz der Ort, an dem eine Person dauerhaft lebt. Auch der letzte Wohnort, bei dem die Absicht einer dauerhaften Niederlassung bestand, wird in manchen Ländern als Wohnsitz definiert.
Praktisches Beispiel:
Eine luxemburgische Staatsbürgerin, die jedoch mit einem Deutschen verheiratet ist und sich mit diesem in Deutschland ein Haus und ein Konto teilt, besitzt außerdem ein Konto und ein Grundstück in ihrem Herkunftsland Luxemburg. In diesem Fall wird nur das luxemburgische Grundstück auch nach der luxemburgischen Rechtsordnung behandelt. Das bewegliche Vermögen auf dem ihrem luxemburgischen Konto sowie alle Besitztümer auf deutschem Grund werden vom luxemburgischen Recht auf das deutsche Recht zurückverwiesen.
4.3 Der Erblasser besitzt Auslandsvermögen
Viele ausländische Rechtsordnungen handeln bei Grundstücken nach dem Belegenheitsprinzip. Die deutsche Rechtsordnung hat hier einen Widerspruch mit dem Art. 25 des EGBGB, welcher so aufgelöst wird, dass das Belegenheitsprinzip den Vorrang erhält (Art. 3 Abs. 3 EGBGB). In so einem Fall kann es zu einer Nachlassspaltung kommen. Die Länder Großbritannien, Frankreich, Kanada, Luxemburg und Belgien, sowie einzelne Staaten der USA haben unter anderem das Belegenheitsprinzip in ihrem Gesetz enthalten. Das „lex rei sitae“ bezieht sich in manchen Staaten auf den kompletten Nachlass, in anderen nur auf das unbewegliche Vermögen. Was genau zu den beweglichen oder unbeweglichen Vermögen zählt, entscheidet jeder Staat wiederum einzeln für sich. In Deutschland verhält es sich so, dass das unbewegliche Vermögen Grundstücke, Wohnungseigentum, Wohnungsteileigentum, Grundstücksbelastungen und Rechte umfasst, die als grundstücksgleich anzusehen sind.
4.4 Die Erben sind Ausländer oder wohnen im Ausland
Grundsätzlich spielt es im Erbrecht keine Rolle, welche Staatsangehörigkeit ein Erbe hat oder wo er lebt. Unterschiede ergeben sich lediglich hinsichtlich der Erbschaftssteuer. Leitet ein in Deutschland arbeitender Bevollmächtigter vorsätzlich oder fahrlässig das Vermögen eines Erblassers in ein ausländisches Gebiet, kann das Finanzamt nach § 20 Abs. 6 S.2 außerdem Steuerschulden in Anspruch nehmen. Banken sind darüber hinaus befähigt, sich vor einer Auszahlung eine Freigabebescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorlegen zu lassen.
4.5 Das Testament wurde im Ausland geschrieben
In diesem Fall ergeben sich Formfragen, die allesamt in Art. 26 des EGBGB geregelt werden. Früher stand an dieser Stelle das Haager Testamentsformübereinkommen von 1961, welches jedoch in den betreffenden Artikel fast wortgetreu übernommen wurde. Hier nach reicht es aus, wenn bei der Testamentserrichtung die Form eingehalten wurde, die zum Zeitpunkt der Aufsetzung in dem jeweiligen Land, dessen Staatsbürgerschaft der Erblasser besitzt, gültig ist. Genauso reicht die Form aus, die laut Gesetz in dem Land eingehalten werden soll, in dem sich der Wohnsitz des Erblassers befindet. Weiterhin reicht auch die sogenannte „Ortsform“ aus. So bezeichnet man die Formvorschriften, die dort gültig sind, wo ein Erblasser sein Testament aufsetzt. Wird ein solcher Fall nach ausländischer Sicht betrachtet, muss wie schon zuvor auf das Haager Testamentsformübereinkommen zurückgegriffen werden.
Falls sich über die Zeit das Erbrechtsstatut eines Erblassers ändert, gelten die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Hier nach bleibt eine Verfügung auch dann wirksam, wenn sie im Vorfeld bereits einmal wirksam errichtet wurde. Tritt ein Wechsel des Erbstatuts und damit auch eine Änderung der Beurteilung ein, wird die Wirksamkeit der Verfügung davon nicht berührt.
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